TV-Tipp: Laufen

Gestern (24. April 2023) lief im ZDF als Fernsehfilm der Woche “Laufen” – die gleichnamige Verfilmung von Isabel Bogdans Buch. In der Mediathek, kannst du diesen Film bis 23. April 2024 sehen. Klick!

Auf meiner Homepage steht das Buch als Empfehlung. Klick! Ich habe es mir gleich, als es erschien, gekauft und war ganz erstaunt, wie einfühlsam und passgenau Isabel Bogdan die Situation der unverheirateten Juliane nach dem Suizid ihres Lebensgefährten schildert, obwohl ich in ihrer Biografie keinen vergleichbaren Einschlag finden konnte. Auch die Filmemacher und SchauspielerInnen haben aus meiner Sicht verstanden, worum es geht und was wichtig ist.

Warum ich das so schreiben kann? Weil meine Mutter 1980 Suizid begangen hat und 2006 mein Lebenspartner an Krebs starb. Meine Schicksalsschläge sind sozusagen eine Mischung aus beiden.

Während Juliane sich durch die Beerdigung quält, bei der sie in der Planung von Johanns Eltern außen vor gelassen wurde, denn sie waren nicht verheiratet, fallen mir viele der Momente wieder ein, die ich ähnlich erlebt habe. Auch ich konnte keinerlei Erinnerungsstücke behalten, durfte nicht mitentscheiden, wurde nicht gefragt und das obwohl ich damals meinen Gefährten durch seine Krankheit begleitet habe, als seinen Eltern das alles zu viel war und sie sich erst ganz am Schluss bequemten, ihren Sohn überhaupt wahr zu nehmen. Sehr schade, dass dieses Schema so unkaputtbar zu sein scheint – im Gegensatz zu den Menschen, die sich darin befinden.

Jule, sehr glaubwürdig gespielt von Anna Schudt, versucht durch Laufen, irgendwie zu vermeiden, durch den Verlust ihres geliebten Menschen unter zu gehen. Ganz ähnlich war das damals bei mir und während ich ihr dabei zuschaue, erinnere ich mich, dass ein Bekannter mich einmal am Spree-Ufer gesehen hat. Später hat er sich lustig darüber gemacht, wie schlapp ich da wohl wie eine lahme Schnecke lang gekrochen bin. Ich kann mich hingegen gut daran erinnern, wie viel Kraft es mich gekostet hat, mich überhaupt zu bewegen. Aber immerhin bin ich gelaufen, wenn auch sehr langsam.

Die Therapeutin rät ihr: “Verstärken Sie das Positive, trennen Sie sich von seinen Sachen und putzen Sie ihn raus.” So ein Verlust ist extrem schwer und daher rate ich, von allen Seiten anzugreifen und sich überall, wo es möglich ist, sich Hilfe zu holen. Im Film bleibt in dieser Szene bei mir der Eindruck, dass da jemand spricht, der noch nie einen ähnlichen Verlust erlitten hat. Bei der Trauer geht es nicht um so etwas wie “Loslassen” sondern darum, den leider oft sehr schmerzhaften Prozess zu durchlaufen, einen Weg zu finden, wie wir die Liebe auf eine andere Weise weiterleben können.

Die Frage “Warum habe ich von der Lebensmüdigkeit nichts mitbekommen?” Wird ebenfalls thematisiert. Es passiert leider häufig, dass Betroffene ihr Seelenleben, gerade dann, wenn es finster wird, für sich behalten. Sie möchten niemanden belasten. Auch Jule möchte nun niemanden mit ihrer Trauer belasten – keine Zumutung für andere sein – und die Wahrheit ist, dass kaum jemand damit belastet werden möchte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es zum großen Teil auch daran liegt, dass viele gezielt wegschauen oder einen mit guten Ratschlägen abfrühstücken, was einem oft einfach mal die Sprache verschlägt, dass Betroffene nicht über ihre Not sprechen. Vielleicht gab es aber auch Versuche sich zu äußern, die einfach schlecht gelaufen sind und daher nicht weiter verfolgt wurden. Genau hinzuhören, kann zwar nicht alles verhindern und retten aber auch wenn es sich nicht um akute Notsituationen handelt, täte es uns allen gut. Solltest du jemand sein, der über Suizid nachdenkt, dich depressiv fühlen oder jemanden kennen, dem das Leben gerade sehr schwer ist, dann beschäftige dich bitte mit dem Thema Suizid-Prävention und hol dir bitte Hilfe. Mehr dazu hier: Klick!

Im Film dürfen wir dabei zusehen, wie es Jule langsam besser geht. Sie sorgt sich, dass sie dann Johann endgültig auf dem Gewissen hat, wenn sie ihr Leben weiter lebt. Tatsächlich ist es so, dass das Leben glücklicherweise aber auch unerbittlich weiter geht. Irgendwann darf es uns auch wieder besser gehen, wenn wir uns angemessen Zeit nehmen konnten, die neue ungewollte Lebenssituation zu integrieren. Was angemessen ist – dafür gibt es keine Regel. Allerdings sieht unsere Gesellschaft das eher in einer atemberaubenden kurzen Periode, die nichts mit der Realität eines trauernden Menschen zu tun hat. Spätestens jetzt ist es Zeit, sich von dem, was andere für richtig halten, abzugrenzen und den eigenen Weg zu finden. Langsam, bedacht, Schritt für Schritt und hin und wieder eben nur von einer Minute zur nächsten. Und dabei atmen – einfach nur atmen. Ein und wieder aus. Manchmal ist das einfach genug. Wenn dir auch das schwer fällt, findest du hier die 5-Finger-Atem-Anleitung von der Techniker Krankenkasse, die nur zwei Minuten dauert. Klick!

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Das Foto oben ist von Ronald Plett auf Pixabay. Klick!

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